Führung von verteilten Projektteams

leadership team Nov 27, 2023
 

In der heutigen Zeit und insbesondere nach Corona ist es immer häufiger der Fall, dass Projektteams nicht mehr an einem Ort zusammenarbeiten, sondern sich über verschiedene Wohnorte, Standorte oder sogar Länder verteilen. Dies stellt besondere Herausforderungen an die Führungskräfte, die diese Teams leiten und koordinieren müssen. Wie kannst du als Product Owner ein verteiltes Projektteam erfolgreich führen? Was sind die Vorteile und Nachteile dieser Arbeitsweise? Und welche Tools können dabei helfen, die Kommunikation und Zusammenarbeit zu erleichtern? Genau um diese Punkte soll es in diesem Beitrag gehen.

Was ist ein verteiltes Projektteam?

Lass uns mal mit einer Begriffsklärung beginnen: Was ist ein verteiltes Projektteam?

Ein verteiltes Projektteam ist ein Team, das aus Mitgliedern besteht, die räumlich voneinander getrennt sind - insofern spricht man auch oft von remote work. Das kann bedeuten, dass sie in verschiedenen Büros, Städten oder Ländern arbeiten, oder dass sie von zu Hause aus oder von unterwegs arbeiten. Dabei ist es egal, ob dieses Team aus Menschen einer einzigen Abteilung besteht oder sich querschnittlich aus mehreren Abteilungen rekrutiert oder auch externe Mitarbeiter zum Einsatz kommen.

Vor- und Nachteile von verteilten Teams

Warum arbeiten Projektteams verteilt? Nun, es gibt verschiedene Gründe auf individueller und auch Unternehmensebene, warum Projektteams verteilt arbeiten.

Für das einzelne Teammitglied bedeutet remote work in der Regel mehr Flexibilität, Autonomie und Work-Life-Balance. Er kann seine Arbeitszeit besser selbst einteilen, sich die Anfahrt zum Büro sparen und mehr Zeit mit Familie oder Hobbys verbringen. Außerdem kann er sich eine Arbeitsumgebung schaffen, die exakt seinen Bedürfnissen und Vorlieben entspricht. Remote work kann auch die Produktivität und Kreativität des Teammitglieds steigern, da er potenziell weniger Ablenkungen und Störungen hat und sich auf seine Aufgaben konzentrieren kann.

Die Vorteile für das Unternehmen sind üblicherweise Kostenersparnis, eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit und eine größere Diversität. Das Unternehmen kann Geld sparen, indem es weniger Bürofläche, Strom, Wasser und andere Ressourcen benötigt. Außerdem kann es die Fluktuation und den Krankenstand der Mitarbeiter reduzieren, indem es ihnen mehr Freiheit und Vertrauen bietet. Remote work ermöglicht es dem Unternehmen auch, talentierte Mitarbeiter aus verschiedenen Regionen oder Ländern zu rekrutieren und zu halten, ohne auf Standorte oder geografische Grenzen beschränkt zu sein. Somit kannst du auch für dein Projektteam leichter Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Erfahrungen und Perspektiven suchen, die zu einer höheren Kreativität und Innovation beitragen können.

Wo viel Licht ist, ist in der Regel auch Schatten… ganz ohne Nachteile geht es nicht. Und genau diese solltest du kennen, um entsprechend reagieren zu können.

Einer der größten Nachteile von Remote Work ist die geringere soziale Interaktion. Wenn man ständig allein arbeitet, kann man sich isoliert und einsam fühlen. Man verpasst auch die Möglichkeit, sich mit den Kollegen auszutauschen, Feedback zu bekommen, Ideen zu entwickeln oder einfach nur Spaß zu haben. Das kann sich negativ auf die Motivation, Produktivität und Kreativität auswirken. Außerdem kann es schwieriger sein, eine gute Beziehung zum eigenen Team aufzubauen und zu pflegen, wenn man sie nur selten oder gar nicht persönlich sieht.

Ein weiterer Nachteil von Remote Work ist die mangelnde Struktur und Routine. Wenn du von zu Hause aus arbeitest, hast du mehr Freiheit, deinen eigenen Zeitplan zu gestalten. Das kann aber auch bedeuten, dass man sich leichter ablenken lässt oder Schwierigkeiten hat, eine klare Grenze zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen. Man kann dazu neigen, entweder zu viel oder zu wenig zu arbeiten, was sich negativ auf die Gesundheit, das eigene Wohlbefinden und die Leistung auswirken kann.

Ein dritter Nachteil von Remote Work ist die geringere Sichtbarkeit und Anerkennung. Wenn man remote arbeitet, kann man das Gefühl haben, dass die eigene Arbeit weniger wahrgenommen oder geschätzt wird als die Arbeit von Kollegen im Büro. Man könnte auch befürchten, weniger Chancen für Weiterentwicklung und Beförderung zu haben. Das kann dazu führen, dass man frustriert oder unzufrieden wird oder dass man sich übermäßig anstrengt, um sich zu beweisen.

Auch die Einarbeitung neuer Kollegen via Remote Work ist eine Herausforderung. Einerseits muss man die neuen Kollegen mit den nötigen Informationen, Werkzeugen und Ressourcen versorgen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Andererseits muss man auch für eine gute Zusammenarbeit, ein angenehmes Arbeitsklima und eine starke Bindung zum Unternehmen sorgen. Das ist nicht trivial, wenn man sich nicht persönlich treffen, austauschen und kennenlernen kann.

Schließlich ist auch das gemeinsame Erarbeiten von Arbeitsergebnissen in der Gruppe, also klassische Workshops, deutlich schwieriger, wenn das Team verteilt ist. Eine Schwierigkeit bei Remote Workshops ist beispielsweise, dass die Kommunikation oft eingeschränkt ist. Man kann nicht immer die Mimik, Gestik oder Stimmung der anderen Teilnehmer sehen oder hören. Das kann zu Missverständnissen, Frustration oder Langeweile führen.

Wie bereits gesagt: Verteilte Projektteams haben nicht nur ihre Vorteile, sondern auch Nachteile. Insbesondere die Nachteile solltest du als PO gemeinsam mit dem Team adressieren.

Wie führt man ein verteiltes Projektteam?

Die Führung eines verteilten Projektteams und auch die Mitarbeit in einem verteilten Team erfordern besondere Fähigkeiten und Methoden, um insbesondere die gerade beschriebenen Herausforderungen zu adressieren. Auf einige, besonders relevante Fähigkeiten und Methoden möchte ich nun kurz eingehen.

Vertrauen: Vertrauen ist die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit in einem verteilten Projektteam - also eigentlich in jedem Projektteam. Als PO musst du deinen Teammitgliedern vertrauen, dass sie ihre Aufgaben selbstständig und verantwortungsvoll erledigen, und ihnen genügend Freiraum und Autonomie geben. Aber auch die Teammitglieder müssen dir vertrauen, dass du euer Produkt in die richtige Richtung lenkst, dass du klare Ziele und Erwartungen an das Team formulierst und deine Teammitglieder unterstützt und wertschätzt. Um Vertrauen aufzubauen und zu erhalten, ist es wichtig, regelmäßig zu kommunizieren, Feedback zu geben und zu erhalten, Erfolge zu feiern und Konflikte konstruktiv zu lösen.

Kommunikation: Kommunikation ist der Schlüssel für eine effektive Koordination in einem verteilten Projektteam. Als PO musst du sicherstellen, dass alle Teammitglieder über den aktuellen Stand des Projekts, die anstehenden Aufgaben, die Probleme und die Lösungen informiert sind. Die Teammitglieder müssen offen und ehrlich miteinander kommunizieren, Fragen stellen, Meinungen äußern und Informationen teilen. Um die Kommunikation zu erleichtern, ist es wichtig, geeignete Kanäle und Formate zu wählen, eine gemeinsame Sprache und Terminologie zu verwenden, Missverständnisse zu vermeiden oder zu klären und kulturelle Unterschiede zu berücksichtigen.

Kommunikation ist aber auch entscheidend, um das vorhin angesprochene Problem der sozialen Interaktion zu adressieren. Jeder sollte regelmäßig mit allen Teammitgliedern kommunizieren, sowohl beruflich als auch privat. Nutzt alle verfügbaren Kanäle wie E-Mail, Telefon, Videokonferenz oder Chat, um euch auf dem Laufenden zu halten, Fragen zu klären oder einfach nur zu plaudern - das ist das Pendant zur Kaffeeküche oder der Raucherecke. Nehmt aktiv an virtuellen Meetings und Veranstaltungen teil und beteiligt euch an Diskussionen und Abstimmungen. So könnt ihr das Gefühl der Zugehörigkeit und des Vertrauens stärken und eure sozialen Bedürfnisse befriedigen.

Selbstorganisation: Ich hatte ja auf die Herausforderung fehlender Strukturen und Zeiten gesprochen. Das ist m.E. ein höchst individuelles Thema. Als PO solltest du aber dich selbst und auch dein Team regelmäßig darauf hinweisen, dass Strukturen, Routinen und Organisation hilfreich sein können und ihr diese auch bei anderen respektiert. Ein paar Tipps in diese Richtung:Setzt euch feste Arbeitszeiten und haltet euch daran. Erstellt einen realistischen Arbeitsplan, der eure Prioritäten, Ziele und Deadlines als Team und Individuen berücksichtigt. Informiert eure Kollegen über eure Verfügbarkeit und Erwartungen. Richtet euch einen komfortablen und ruhigen Arbeitsplatz ein, der möglichen Störungen und Ablenkungen vermeidet. Nehmt regelmäßig Pausen und achtet auf eure körperliche und geistige Gesundheit. Macht Feierabend, schaltet den Computer aus und widmet euch Hobbys, Familie oder Freunden. Alles Selbstverständlichkeiten, ich weiß. Aber achte darauf, ob diese Dinge auch tatsächlich für alle im Team selbstverständlich sind.

Präsenztage: Es gibt doch nichts Schöneres, als direkt mit den Kollegen zu arbeiten. Von Angesicht zu Angesicht. In einem Workshop. Gemeinsam vor einem Rechner. In direktem Kontakt mit Kunden und Anwendern. So etwas solltet ihr unbedingt tun und aktiv einplanen! Die konkrete Ausgestaltung hängt natürlich von eurer Situation ab. Wenn ihr alle in der gleichen Stadt seid, könntet ihr euch vielleicht alle 1-2 Wochen für einen Tag im Büro treffen. Seid ihr alle in Deutschland, trefft ihr euch vielleicht alle 4-8 Wochen für 2-3 Tage. Und international vielleicht alle 3-12 Monate für eine ganze Woche. Aufwand und Nutzen müssen halt in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Aber bitte: Lasst euch nicht Bequemlichkeit und Budgetbeschränkungen in die Quere kommen! Trefft euch!

Welche Tools helfen bei der Führung von verteilten Projektteams?

Kommen wir nun zu Tools… Und hier schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Einerseits liebe ich Tools und Gadgets, ich spiele damit wahnsinnig gerne herum und probiere sie aus. Andererseits gibt es kaum wirklich schlechte Tools, so dass es eigentlich keine Rolle spielt, welche Tools ihr im Team nutzt. Nehmt halt das, was ihr schon habt bzw. was in eurem Unternehmen erlaubt oder erwünscht ist.

Es gibt allerdings auch zwei Bereiche, die oft unterschätzt werden. Zum einen die Arbeitsplatzausstattung. Vernünftige Tastatur und Maus. Richtige, große Monitore. Ergonomischer Stuhl und idealerweise höhenverstellbarer Tisch. Ein Ort, an dem dich andere Familienmitglieder nicht sofort stören. Wir verbringen eh schon viel Zeit am Rechner und noch viel mehr in verteilten Teams, da lohnen sich diese Investition langfristig immer. Du bist fokussierter, produktiver und gesünder. Insofern kommt es nur darauf an, eine angemessene Verteilung der Kosten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu vereinbaren. Aber lasst es bitte nicht an den Kosten scheitern. Der andere Bereich ist Audio und Video. Ihr ersetzt die Arbeit in Präsenz und die direkte Zusammenarbeit weitgehend durch Videokonferenzen. Ihr erleichtert euch die Arbeit, wenn ihr euch perfekt seht (wegen Mimik und Gestik) und perfekt hört (um auch die Zwischentöne mitzubekommen). Und dennoch erlebe ich immer wieder ausgeschaltete Kameras, dunkle und unscharfe Bilder, Videos von der Seite und verrauschten Ton. Das muss echt nicht sein. Investiert bitte in dedizierte Webcams, ausreichende und explizite Beleuchtung des Gesichts und dedizierte Headsets oder Freisprecheinrichtungen. Nochmal: Videokonferenzen werden eure primäre Art der Kommunikation sein - macht das Beste draus!

Fazit

Seien wir mal ehrlich: In vielen Fällen stellt sich gar nicht mehr die Frage, ob ein Team verteilt arbeitet, sondern nur noch in welchem Umfang. Insofern sollte jeder im Team daran arbeiten, die Vorteile tatsächlich zu nutzen und die Nachteile zu vermeiden bzw. im Griff zu behalten. Mit den richtigen Fähigkeiten, Methoden und Tools kann man genau dies tun und auch als verteiltes Projektteam erfolgreich arbeiten! Es braucht allerdings ein Bewusstsein für die Besonderheiten der Arbeit in einem verteilten Team.

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